Heinrich Gebert - ein wahrer Freund des Sarganserlandes

von Heinz Gmür

Mit Heinrich Gebert ist am 8.August dieses Jahres ein Mann mit einem grossen Herzen verstorben, ein Patron mit Gemeinsinn. Ein Mäzen, der sein wohltätiges Wirken, auch im Sarganserland, nicht an die grosse Glocke hängte.

Heinrich Geberts Liebe zum Sarganserland hat ihre Geschichte. Und die beginnt am 1. September 1939, dem Tag der allgemeinen Kriegsmobilmachung. In Walenstadt trafen sich im «Geb S 8» drei Wehrmänner: Der im Familienunternehmen Gebert & Cie., Rapperswil, arbeitende Heinrich Gebert, der aus Paris zurückgerufene junge, talentierte Maler Carl Walter Liner und der Chemiestudent und Korporal Heinrich Rüf.

Aus Kameradschaft wurde in den Wintermonaten in bündnerischen Nebentälern Freundschaft und kurz vor und nach Kriegsende Verwandtschaft: Die beiden «Schützen» heirateten die in Flums aufgewachsenen Schwestern ihres Korporals.

Erinnerungen an Maltina
Heinrich Gebert schloss 1949 mit Paula Rüf, die in der Westschweiz ihr Rechtsanwaltpatent erworben hatte, den Bund fürs Leben. Seine zahlreichen Besuche bei der Familie Rüf in Flums liessen ihn die Landschaft und die Bewohner des Sarganserlandes lieb gewinnen. So sehr, dass er sich noch im hohen Alter glücklicher Kindertage seines Sohnes erinnerte, der mit seiner Flumser Grossmutter auf der Maltina-Wiese gespielt habe. Die Erinnerung bedeutete ihm so viel, dass er zwei seiner privaten Gesellschaften mit dem Namen Maltina errichtete. Oft fuhr er auch einfach der Seez entlang nach Mels und war von den versteckten Schönheiten der Natur fasziniert.

Die grosse Verbundenheit mit der Region veranlasste ihn, im Gedenken an seine 1995 verstorbene Frau noch im selben Jahr die mit 8,6 Mio. Franken dotierte Paula-Rüf-Stiftung ins Leben zu rufen. Die Stiftung bezweckt die Förderung der höheren Berufsbildung von begabten, aber wenig bemittelten Studierenden, die im Sarganserland aufgewachsen oder wohnhaft sind. Weitere Stiftungen sollten folgen.

Unternehmer wird Mäzen
Mit dem Tod seiner Frau suchte und fand der einsamer gewordene, aber immer noch rastlos tätige Heinrich Gebert ein neues Betätigungsfeld: Das Mäzenentum. Gebert, dem von Zeitgenossen ein immer seltener werdender Bürgersinn und ein grosses Herz attestiert werden, hielt sich dabei stets im Hintergrund. Viele seiner Hilfeleistungen und Unterstützungsbeiträge wurden auf seinen Wunsch hin geheim gehalten. Stets betonte er aber, wie sehr ihm die Aus- und Weiterbildung junger Leute am Herzen liege.

Geberts Engagement im Sarganserland geht über die Gründung der bereits genannten Paula-Rüf-Stiftung hinaus, wie der Melser Isidor Kohler, während 23 Jahren Berater von Heinrich Gebert, im Gespräch mit dem «Sarganserländer» darlegte. Zu nennen ist etwa die Gründung der Stiftung Altersarbeit im Bezirk Sargans, die den Ausbau und/oder Betrieb von Dienstleistungen der Pro Senectute zugunsten älterer Menschen im Bezirk Sargans zum Zweck hat, die er mit 1 Mio. Franken ausstattete. Der Stiftung Symbola für berufliche Ausund Weiterbildungen im Sarganserland (sie betreibt auch das Brockehus Sarganserland) schenkte er 400 000 Franken und gewährte ein zinsgünstiges Darlehen von 500 000 Franken. Das Alte Kino Mels wurde mit 100 000 Franken bedacht, die Kantonsschule Sargans (PC-Raum und Solidaritätsstiftung) mit 70 000 Franken alimentiert. Auch die Sarganserländische Talgemeinschaft konnte auf Geberts Hilfe zählen. Erinnerungen an frühere Alpwanderungen von den Flumserbergen ins Weisstannental bewogen ihn spontan, einem Gesuch für die Sanierung der alten Sägerei in Weisstannen zu entsprechen; wieder flossen 100000 Franken. 22 000 Franken erhielt die Alp Schrina, 5000 Franken die Stiftung Pro Quinten.

Kunst- und Menschenfreund
Gebert, der noch zu Lebzeiten Gutes tun wollte, ohne sich ein Denkmal zu errichten, hielt sich mit Vorliebe im Hintergrund.Was ihm nicht immer gelang. Mit der Gründung des Museums Carl Liner Vater und Sohn in Appenzell rückte der Kunstsammler – er bevorzugte Werke aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – ins Rampenlicht. Auch wenn er bei der offiziellen Eröffnung in Anwesenheit von Bundesrat Arnold Koller nicht zugegen war und durch Isidor Kohler ausrichten liess: «Hier steht die Sache im Mittelpunkt und nicht die Person Heinrich Gebert.» Was mit Applaus bedacht wurde.

Noch grösseres Aufsehen erregte Gebert mit der Gründung der Gebert- Rüf-Stiftung zur Förderung von Ausbildungs-, Lehr- und Forschungsprojekten, die den Wirtschaftsstandort Schweiz stärken sollen, im Jahr 1998. Mit einem Dotationskapital von 220 Mio. Franken handelt es sich um die grösste Wissenschaftsstiftung der Schweiz. «Gebert hat als Unternehmer die Stärken der Schweizer Forschung und Industrie erlebt», hiess es damals in der offiziellen Pressemitteilung. «Einen beträchtlichen Teil seines Vermögens will er nun einsetzen, um diese Stärken zu erhalten und auszubauen.»

Sage und schreibe 353 Mio. Franken, praktisch sein ganzes Vermögen, hat der Wohltäter, der Publizität so gar nicht schätzte, für Stiftungen und gemeinnützige Zwecke gespendet. Heinrich Gebert war ein erfolgreicher Unternehmer, Kunst- und Menschenfreund – und ein wahrer Freund des Sarganserlandes.

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Ein erfolgreicher Unternehmer

Heinrich Geberts grosszügiges Mäzenentum gründet auf der Erfolgsgeschichte der Geberit Gruppe. Die 1874 als Spenglerei in Rapperswil gegründete Firma entwickelte sich Anfang des 20. Jahrhunderts zur Produzentin von WC-Anlagen und schliesslich zur führenden Sanitärtechnikfirma Europas. 1998 wurde die Geberit AG – Gebert selbst war wie sein Bruder Grossaktionär – für 1,8 Mrd. Franken von einer englischen Investorengruppe erworben.

1953 hatte Heinrich Gebert mit seinem neun Jahre jüngeren Bruder Klaus die Firma Geberit mit 35 Mitarbeitern übernommen. Bereits 1954 wurde damit begonnen, das Deutschlandgeschäft aufzubauen. «Mit dem Spülkasten unter dem Arm» fuhr Heinrich Gebert in seinem Volkswagen und in Begleitung seiner Frau durch Deutschland und überzeugte nach und nach die Grosshändler, heisst es über diese Pionierzeit. Der erfolgreiche Unternehmer Heinrich Gebert galt als vorwärts stürmender, kreativer, manchmal ungeduldiger Macher.

Von Deutschland aus begann dann die Eroberung der westeuropäischen Märkte; Anfang der Achtzigerjahre zählte das Unternehmen bereits 3700 Arbeitnehmer. 1986 zog sich Heinrich Gebert aus dem operativen Geschäft zurück. 1997, beim Verkauf der Firma, beschäftigte sie 3400 Personen und setzte 1 Mrd. Franken um. (hg)